Oberbürgermeister a.D. der Landeshauptstadt Dresden Herbert Wagner und der Schatz im Dederonbeutel 

Teil 7 – Haben Sie bisher unsere Geschichte seit 1945 verfolgt?

Denn bevor Sie dieses Interview lesen, empfehlen wir unseren Artikel über die Zeit der Wende und Werner Schnuppe, den ersten Gründungsvorsitzenden des Volkssolidarität Dresden e.V. 

Herr Dr. Wagner, Sie waren der erste frei gewählte Oberbürgermeister der Stadt Dresden. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich Ihnen als eine der Ersten persönlich gratulieren durfte. Allerdings war mir nicht bewusst, welche Entscheidungen Sie alle zu treffen hatten. Daher ist es mir eine besondere Freude, heute mit Ihnen die Zeit der Volkssolidarität Dresden kurz nach der
Wende betrachten zu dürfen.

Herr Dr. Wagner, was empfanden Sie, als Sie den offenen Brief lasen, was unternahmen Sie?

Nachdem der Alarmbrief die Stadtverwaltung erreicht hatte, passte mich Werner Schnuppe im Rathaus ab und schilderte die prekäre Situation der Volkssolidarität, die zu Weihnachten finanziell am Ende wäre. Mir war klar, dass dies nicht passieren durfte, und ich beauftragte die Dezernenten für Soziales und Finanzen, den Brief zu prüfen und zu klären, ob wir diese Summe zur Verfügung stellen könnten. Sie sollte eine Überbrückungshilfe sein, bis auch für die Volkssolidarität die durch die Umstrukturierungen abgebrochenen Kommunikationskanäle und Finanzströme wieder funktionierten.

Wie sah die Stadtverwaltung die Arbeit der Volkssolidarität Dresden vor diesem Tag vor Weihnachten 1990?

Sie war zunächst froh, dass es einen gut arbeitenden Sozialverein mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern und einer stabilen hauptamtlichen Personalstruktur gab. Doch nach dem Notbrief musste alles unternommen werden, um der Volkssolidarität zu helfen.

Wir wissen, dass Ihnen die Volkssolidarität ans Herz gewachsen ist. Welche Funktionen hatten Sie seitdem inne? 

Der Vorstand des Volkssolidarität e. V. gründete 2010 die Stiftung Volkssolidarität Dresden und berief mich in den Stiftungsrat. Die Mitglieder des Stiftungsrates wählten mich zu ihrem Vorsitzenden. Diese Funktion nahm ich über drei Wahlperioden bis 2022 wahr.


Wollen Sie wissen, was weiter geschah, dann lesen Sie hier die „wahre Begebenheit mit dem Schatz im Dederonbeutel

Christine Kreher, die erste Geschäftsführerin nach der Gründung der Volkssolidarität Dresden, erinnert sich:

„Die Anweisung von der Stadt lag in der damaligen Sparkasse am Bahnhof Mitte bereit. Dort sollten wir uns das Geld abholen. Ich hatte meinen Dederonbeutel dabei, so einen geblümten aus Schürzenstoff. Als ich an den Schalter kam, wurden mir 750.000 DM in Päckchen hingezählt. Ich habe sie in meinen Beutel getan, mich in den Trabant gesetzt und bin losgefahren. Am Fetscherplatz hatte ich einen Unfall. Ich bin gegen einen LKW gefahren — der Trabi splitterte, der Kotflügel flog zur Seite, und der Beutel mit dem Geld lag auf der Straße.

Natürlich wusste keiner, dass da so viel Geld drin war. Aber ich habe nur an meinen Dederonbeutel gedacht, auf den Unfall habe ich zuerst gar nicht reagiert. Dann wurde das Auto abgeschleppt, und ich musste den Rest des Weges laufen. In der Dienststelle auf der Borsbergstraße warteten schon die Leute. Ich habe nur erzählt: Ich hatte einen Unfall, aber hier ist das Geld. Es wurde sofort auf die Lohntüten aufgeteilt. Ein bisschen blass war ich hinterher schon noch — nicht nur wegen des vielen
Geldes, sondern auch, weil das der Lohn der Mitarbeiter war.“


Wir können nur hinzufügen: Respekt und Danke, danke, danke.

Sind Sie auch neugierig, wie die Mitarbeiter das damals alles wahrnahmen? Gabriele Baumann fing 1986 in der Volkssolidarität an und war bis vor kurzem bei uns tätig. 40 Jahre in der Volkssolidarität Dresden – lesen Sie Ihren Rückblick